Horst Schlämmer ist überall

Die Beschuldigung einer Journalistin, der Politiker Rainer Brüderle hätte sich sexistisch geäußert, hat eine rege Debatte über Männer im Allgemeinen und Politiker im Besonderen ausgelöst. Im Twitter-Netzwerk tragen unter dem Hashtag #Aufschrei vor allem Frauen ihre Erfahrungen dazu bei, was wiederum in klassischen Medien aufgegriffen wird – mal kritisch, mal beipflichtend.
Doch wer genau hingeschaut hat, wird erkannt haben, dass eigentlich Hape Kerkeling mit seiner Kunstfigur Horst Schlämmer genau das parodiert hat, was gerade zur Debatte steht: die grauenhafte Art ältlicher, unangenehmer Männer, mit (jungen) Frauen umzugehen. Sein Schätzelein ist dabei ebenso treffend wie das „Mädchen“, das wahrscheinlich jede Frau auch jenseits des klassischen Mädchenalters schon einmal gehört hat. Man denke da nur an Helmut Kohl und sein Mädchen, das auch damals schon eine ausgebildete Wissenschaftlerin war.
Diese Beispiele gibt es nicht nur im Journalismus häufig und sind auch mir schon in zahlreichen Varianten untergekommen. Dass mein männlicher Kollege ebenfalls vom Firmenchef in dem Arm (in die Zwinge) genommen worden wäre, habe ich allerdings noch nicht mitbekommen.
Und genauso überzeugend, wie Horst Schlämmer das parodiert, genauso blauäugig merken es seine Vorbilder gar nicht, was sie da gerade gesagt oder getan haben.
Deshalb ist die jetzige Debatte nicht doof und überflüssig, wie natürlich vor allem die Horst Schlämmers dieser Welt einwenden, sondern wichtig und gut. Aber den Spiegel hat eben schon Hape Kerkeling der Gesellschaft vorgehalten. Horst Schlämmer ist überall. Das war er schon immer und wird es wahrscheinlich noch länger sein. Aber jetzt wird es wenigstens ausgesprochen.

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